Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6% verfassungswidrig
Nach derzeitiger Rechtslage werden Nachzahlungen und Erstattungen im Zusammenhang mit Einkommen-, Körperschaft- sowie Gewerbe- und Umsatzsteuerfestsetzungen verzinst; nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von regelmäßig 15 Monaten beträgt der gesetzlich festgelegte Zinssatz 0,5 % für jeden vollen Monat.
Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt entschieden, dass die Verzinsungsvorschrift verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5% zugrunde gelegt wird.
Das Gericht beanstandete die Ungleichbehandlung von Steuerzahlern, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber denjenigen, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit festgesetzt wird. Ein niedriger Zinssatz – so das Gericht – könne diese Ungleichbehandlung verringern. Der derzeitige Zinssatz von jährlich 6% sei angesichts des seit Jahren bestehenden strukturellen Niedrigzinsniveaus realitätsfern und nicht mehr zu rechtfertigen.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgerufen, eine Neuregelung bis zum 31.07.2022 zu treffen. Diese Regelung soll dann rückwirkend auf alle Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 angewendet werden, soweit die betroffenen Fälle noch nicht bestandskräftig sind.
Für Verzinsungszeiträume zwischen dem 01.01.2014 und dem 31.12.2018 dagegen gilt die Vorschrift trotz der Beanstandungen des Gerichts ohne Neuregelung fort; eine Änderung wird sich somit hier aufgrund des Urteils auch dann nicht ergeben, wenn die entsprechenden Festsetzungen noch nicht bestandskräftig sind.